Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Nachrichten, 04.06.2018

Freches Ding, prächtige Messe

VON CHRISTIAN STREHK

KIEL. Da sage noch einer, Salzburg sei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein verschlafenes Nest gewesen. Zumindest solange dort Mozart wirkte, war da musikalisch einiges los – in den Adels­pa­lais und Parks sowie im Dom. Kein Wunder, dass der Fürst Colloredo zumindest in seiner Funktion als Erzbischof da mehr und mehr bedenklich die Stirn krauszog. Die wunderbare Serenata notturna ist jedenfalls ein Füllhorn der Einfälle, ein freches Ding Unterhaltungs­musik – in der gut besuchten Nikolaikirche mit Lust und Verve zum Abschluss der Musikfreunde-Saison gespielt von der Camerata Kiel.

Am Pult arbeitete Opernchor-Direktor Lam Tran Dinh den pom­pösen Marsch, das festliche Menuett und besonders die irrwitzige Vielfalt des Rondo-Finales heraus. Köstlich die aufmüpfigen Soli von Bass, Bratsche, Violine oder Pauke. Das ergab dann einen lockeren Punktsieg gegen das steifere D-Dur-Divertimento von Haydn, das sehr wahrscheinlich wohl doch nur von Albrechtsberger stammt.

Prächtig ging es erst recht in Mozarts kompakter Piccolomini-Messe weiter. Lam Tran Dinh wählte in bester Harnoncourt-Tradition rasche Tempi, zeigte aber auch Sinn für die warmherzige Klangfärbung inniger Momente wie Kreuzigung und Tod Christi. Die Camerata beglei­tete sportiv. Und der Philharmonische Chor, dominiert von Frauen­stimmen, jubilierte schlank, reagierte als Masse nur vereinzelt eine Spur zu zögerlich, kolorierte die jeweilige Textaussage stets ausdrucksstark. Besonders als Quartett harmonierten die Opernchor-Solisten Elisabeth Raßbach-Külz, Gabriele Vasilauskaite, Ho-Il Kim und Chan Il Seok homogen.

Zuletzt geändert am